
Harsefeld, ein beschaulicher Fleck in Niedersachsen, wird plötzlich zur Kulisse für ein politisches Totalversagen, das symptomatisch für eine ganze Republik steht. Wo einstmals Vertrauen in staatlichen Schutz herrschte, hat sich jetzt eine Bürgerwehr gegründet.
Diese „Eskalation“ ist nicht vom Himmel gefallen. Seit Monaten tyrannisiert eine Jugendbande die Stadt. Kinder werden mitten in der Ortschaft verprügelt, am Bahnhof fast auf die Gleise geprügelt, in Sportanlagen bedroht und erpresst. Es geht nicht um jugendlichen Übermut, sondern um brutale Gewalt, bei der auch der Tod billigend in Kauf genommen wird.
Die Videos der Angriffe verbreiten sich in Windeseile im Internet. Statt Empörung bei den Verantwortlichen auszulösen, regieren Schweigen und Wegsehen. Schutzgeld-Erpressung, Drogenhandel, Schläge gegen den Kopf — der Katalog liest sich wie das Drehbuch einer Großstadtkriminalität, nicht wie ein Fall aus einer 14.000-Einwohner-Gemeinde. Das Stader Tageblatt und der NDR hatten hierüber berichtet.
Die Polizei? Wiegelt ab, versteckt sich hinter Personalengpässen. Die Wache in Harsefeld bleibt zeitweise ganz geschlossen, Notrufe laufen in Buxtehude auf. Die Streife von dort braucht 15 Kilometer Anlauf, während die Täter längst abgetaucht sind. „Wir sind für alle zuständig“, sagt der Polizeisprecher mit einer Selbstverständlichkeit, die an Zynismus grenzt. Man stehe nicht am Bahnhof mit zehn Kollegen, um Schüler zu schützen. Aber wer schützt dann? Richtig geraten: offenbar niemand. Bürgerwehren finde man aber „ganz gruselig“, so der Polizeisprecher. Bewerten geht dann noch, gewalttätige Jugendschläger verfolgen aber halt leider nicht, muss man verstehen.
Die Schulleitungen schlagen Alarm, das Jugendamt verschickt Mahnbriefe an Eltern. Statt scharfer Strafverfolgung setzt man auf Gesprächskreise, Sozialarbeiter und Hausverbote im Freibad. Der eine Haupttäter, polizeibekannt als Intensivtäter, durfte vor den Ferien noch ein nettes Gespräch mit der Bürgermeisterin führen. Die Bürgermeisterin, die den Jungen seit seinem vierten Lebensjahr kennt, zeigt sich schockiert über die Gewaltvideos. Im persönlichen Gespräch habe er aber „ruhig zugehört“, als wäre das ein Argument für seine Läuterung. So klingt Realitätsverweigerung in Amt und Würden.
Die Polizei kennt die beiden Anführer genau, beide seit 2023 bekannt, jeweils mit rund 15 angezeigten Straftaten auf dem Konto. Die wahre Zahl dürfte höher liegen, da viele Opfer sich schlicht nicht trauen, Anzeige zu erstatten. Eine systematische Aufklärung? Fehlanzeige. Trotz der bekannten Täter, trotz eindeutiger Videoaufnahmen, gibt es bis heute keinen einzigen Gerichtsfall. „Es wird ermittelt, aber das dauert“, heißt es lapidar. Für die Betroffenen bedeutet das: Der Rechtsstaat existiert nur noch als Theorie.
Die Verzweiflung der Bürger mündet nunmehr in einer Bürgerwehr. Patrouillen, eigene Videos, Aufrufe zur Selbstjustiz. Also genau das, wovor Polizei und Landkreis öffentlich warnen. Gleichzeitig schaffen es die Behörden nicht einmal, zusätzliche Einsatzkräfte bereitzustellen. Die „Verfügungseinheit“ wird lieber für Verkehrskontrollen eingesetzt.
Was bleibt, ist ein Staat, der keine Kontrolle mehr über seine Straßen hat. Der Polizeiapparat kapituliert vor jugendlichen Schlägern, während sich eine Paralleljustiz entwickelt. Wer geglaubt hat, solche Szenen gäbe es nur in amerikanischen Filmen oder in heruntergekommenen Banlieues, wird beispielhaft in Harsefeld eines Besseren belehrt. Auch in anderen Städten und Orten existieren solche Bürgerwehren bereits. Wenn die Polizei versagt, wie in den letzten Jahren immer öfter, gibt es auch gewisse „Patronagen“, die man gegen einen Obolus ansprechen kann und die für eine gewisse Zeit im Viertel für Ordnung sorgen.
Verantwortlich ist ein kaputtgesparter und politisierter Sicherheitsapparat, der sich in bürokratischen Ausreden verliert und lieber auf Deeskalation als auf klare Kante setzt. Ein Apparat, der es offenbar nicht mehr schafft, Bürger vor roher Gewalt zu schützen, aber genug Ressourcen hat, um gegen Falschparker und Tempolimits rigoros vorzugehen.
Diese völlige Aufgabe hoheitlicher Aufgaben ist kein Betriebsunfall, sondern das Resultat einer ideologisch entkernten Politik, die lieber Probleme verwaltet, als sie zu lösen. Die lieber Polizei kritischen Bürgern auf den Hals hetzt, statt entschieden und hart Gewalttäter, Kriminelle und Banden dingfest zu machen. Wenn die Polizei ihre Kernaufgabe der Gefahrenabwehr so fahrlässig aufgibt, kann von Rechtsstaatlichkeit keine Rede mehr sein.
Die bundesdeutsche Zukunft zeigt sich in diesen Szenen wie unter einem Brennglas: eine Polizei, die morgens Rentner im Bademantel wegen eines Facebook-Kommentars aus dem Bett zerrt, aber vor jugendlichen Schlägern, Drogenhändlern und Schutzgeld-Erpressern klein beigibt. Ein Staat, der mit voller Härte gegen harmlose Demonstranten und falsch geparkte Autos vorgeht, sich aber bei echter, brutaler Gewalt in Ausreden und Personalengpässen verliert. Eine Gesellschaft, in der Bürger ihre Kinder selbst schützen müssen, weil der Rechtsstaat zu einem leeren Schlagwort verkommen ist. Während die Täter zu Gesprächsrunden eingeladen und mit Hausverboten im Freibad getätschelt werden, wächst die Wut in der Bevölkerung, die längst verstanden hat, dass hier keine Fehler passieren, sondern ein Systemversagen mit Ansage stattfindet. Das ist kein bedauerlicher Einzelfall mehr, sondern der neue Normalzustand eines Landes, das sich selbst aufgegeben hat.
Kommentar hinzufügen
Kommentare